Momo, 19. Dezember 2002 um 14:37:10 MEZ Bitte sprechen sie Deutsch! Ich wage zu behaupten, dass es keine Sprache gibt, die so
unverbindliche Maßeinheiten hervorgebracht hat, wie die
Österreichische. Das Vage und Dehnbare in unseren
internen Maßeinheiten scheint mir auch ein Indiz, ja eine
Facette des österreichischen Wesens an sich zu sein.
Schaun sie: An der Aufforderung: "Noch ein Wengerl, ein
Wengerl sitzen, ein Wengerl da zu bleiben, noch ein
Wengerl lustig zu sein, daran finden wir gar nichts
bemerkenswertes mehr, noch dazu wo sich dieses Wengerl
auch ausreichend von "ein Wenig" herrührend erklären läßt. Dass ein Weg breit ist, wenn er lang ist, wundert auch
keinen mehr: "Heast, wo woast denn? - Na is a brader Weg!" Dass man endlos wartet und ewig nicht dran kommt, auch
daran hat man sich gewöhnt. Ja selbst, dass jemand bei einem auf einen Hupfer
vorbeischaut, wird in den seltensten Fällen
missverstanden und stört selbst nach zwei
Stunden noch niemanden. Schwieriger wird es dann, wenn jemand um ein Euzerl
daneben liegt. Kann man zum Beispiel auch um zwei Euzerln
daneben liegen?
Waren in grauer Vorzeit einmal 10 Euzerln 1 Euz? Und wenn
etwas um 100 Euz nicht stimmt, kann man dann schon sagen:
"Na den Unterschied möcht ich Klavier spielen können"? Wann hat man etwas um ein Haus verfehlt oder gar um ein Eckhaus? Um welche Mengen handelt es sich wirklich wenn jemand
sagt: "Ich bin den ganzen Nachmittag eine Stunde
herumgrennt. I war in 97 Gschäftln, hab 17 Sakkos in 1000
verschiedenen Größen probiert. Kein einziges hot ma
passt, bis auf die zwa, san gar net so schlecht. I hab a
Lawine zahlt, und bin fix und fertig, weil überall a
ganzer Oasch voll Leut woar!" Wie viele Leute gehen da hinein? Ja, wenn besagter
Körperteil einer einflussreichen Persönlichkeit gehört,
wie viele san schon drin?
Wann wird aus einem Tröpferl ein Tropfen? Wann daraus ein
Schluckerl?
Wann kann man von einem Glaserl sprechen?
Bitte, dass ein Flascherl Wein in Österreich meistens ein
Doppelliter ist, darf allerdings als bekannt
vorausgesetzt werden.
Jedoch, wie groß ist ein Futzerl?
Wann mutiert es zum Eckerl?
Wann zum Stückerl?
Welche Ausdehnung muss ein Körper haben, dass wir ihn in
der Folge als Trumm, oder gar als Mordstrumm bezeichnen können?
Wieviel ist ein bissi?
Bissi ist besonders heikel, weil man bissi so ambivalent
verwenden kann. Zum Beispiel: "Na is a bissi vü!" oder
aber auch: "Na is a bissi
wenig!".... "Bist ein bissi deppert." Trägt noch ein
harmloses, fast liebenswertes Irresein in sich. Während:
"Du bist mir scheint a bissl
deppert!" bereits auf ernsthaft gestörte Geisteszustände
hinweisen möchte. Die Bereitschaft zur physischen Attacke
drückt diese dann nur noch mehr durch die rhetorisch
gestellte Frage aus, wenn sie unter Weglassung sämtlicher
Zischlaute gestellt wird, denn: "Heat bid a bidl debad!"
"A bidl" Das kann man gar nicht anders als drohend sagen. Alle diese Beiläufigkeiten sind in ihrer Ungenauigkeit
keine fixen Größen, aber als Österreicher lebt man mit
ihnen. Wahrscheinlich könnten Etymologen unter zu Hilfe
nahme diverser Lautverschiebungen ihre Herkunft
einigermaßen klären. Anthropologen werden unter
Hervorkramen alter Sitten und Gebräuche weiter Klarheit
schaffen können, egal ob es sich um ein Trumm, ein
Eckhaus oder ein Futzerl handelt, aber NIEMAND, NIEMAND
kann erklären von wo es kommt oder gar von welchem Brauch
es sich ableitet, dass, wenn jemand gefragt wird, ob er
beispielsweise seinen Zug erwischt hätte, und dieser dann
antworten
kann: "Oba ums Oaschleckn net!" |
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